Wie der Adel investiert

THE PROPERTY hat bei Günther Graf von der Schulenburg
nachgefragt und mit ihm über langfristige Investments,
Politik und Familie gesprochen.

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FOTO: WMG

Wenn man das Gut von Günther von der Schulenburg betritt, kommen einem als erstes Pferde und holländische SUVs entgegen. »Das sind Jäger, die hier das Wochenende auf der Jagd verbringen«. Für Graf Schulenburg war von Kindesbeinen an klar, dass er sich um Landwirtschaft, Immobilien und seine Wälder kümmern wird. Wenn wir einen Espresso im Büro trinken, dann ist sein Geburtshaus direkt nebenan, mit all den Ahnenbildern und seinen Kunstsammlungen. Blicke ich schräg aus dem Fenster, sehe ich ein Hotel, welches früher ein Bauerngut war und extrem hochwertig saniert wurde. Und ich sehe ein cooles Gastrokonzept, wo man Live-Cooking und Firmenevents machen kann. Auf die Frage, wie er seine Rolle sieht, ist der Generationengedanke im Vordergrund. Aber steht für ihn der Adel für Tradition oder Innovation?

Naja, ich denke beides. Mein Wald ist zwar old school, aber mein Konzept für die Nutzung als Friedwald ist neu und wir sind hier Innovatoren für Deutschland.« Wir fahren rüber zu seinem privaten Refugium, eine Mischung aus Landgut und Agrarverwaltung. Bei Wine & Dine im Wohnzimmer sprechen wir über Herkunft, Zukunft, Immobilien und Anlagen.

THE PROPERTY Graf Schulenburg, wie legt Ihre Familie an?

GRAF V. DER SCHULENBURG Als Familie investieren wir seit über 500 Jahren in verschiedene Assetklassen. 90 % unseres Vermögens sind in Forst, Agrar und Immobilien investiert. Wir sind dabei stets sehr langfristig unterwegs, Schwankungen über Jahre interessieren uns hier grundsätzlich nicht.


THE PROPERTY Sie kennen viele Familien aus dem Adel. Wo liegt üblicherweise deren Investitionsfokus?

GRAF V. DER SCHULENBURG Zur Sicherung ihrer Vermögen über Jahrhunderte investieren die meisten Standesgenossen gerne in Immobilien, Forst und Agrar. Aktien spielen eher wenig eine Rolle, auch Anleihen und spekulative Anlagen sind unwichtig. Alle Freunde von mir stellen sich immer die Frage, wie werthaltig ist ein Investment, wie beurteilt das die nächste Generation und wie sicher ist dieses – auch unter extremen Szenarien.


THE PROPERTY Bei Agrarinvestments haben wir drei Jahre Dürre erlebt, bei Forst ist der Borkenkäfer eine große Gefahr, die massenhaft Wälder vernichtet. Wie gefährlich ist die Assetklassen Forst und Wald wirklich?

GRAF V. DER SCHULENBURG Nicht unbedingt gefährlich, aber doch komplex. Viele Anleger unterschätzen, dass ein jetzt gepflanzter Baum erst in 80 bis 120 Jahren erntereif ist und dann die Holzart vielleicht nicht mehr gefragt ist. Bei Agrar erleben wir ebenso eine Herausforderung durch Dürre, die Politik greift zunehmend stärker ein in Düngevorgaben und Ökologie. Daher sind die beiden Assetklassen nicht risikofrei. Meine Familie hat deshalb die letzten 10 Jahre begonnen, auch in Immobilien zu investieren. Konkret in Wohnungen und Büroimmobilien, auch ein Hotel gehört dazu sowie ein Restaurant mit Tagungsmöglichkeiten auf unserem Rittergut.


THE PROPERTY Wer ist aus Ihrer Sicht der größte Angreifer für den Bestandshalter? Inflation, Staat, Enteignung, Banken?

GRAF V. DER SCHULENBURG Blicke ich einmal auf die letzten 100 Jahre zurück, war für meine Familie der Staat die größte Herausforderung. Zunächst mussten wir Ende der 1930er-Jahre das Schloss Wolfsburg und ca. 2.000 ha Wald und landwirtschaftliche Fläche zum Bau der Stadt des KdF-Wagens abgeben. Der neue Sitz auf Schloss Neumühle und zahlreiche weitere Ländereien lagen nach Kriegsende im Osten und auch diese hat unsere Familie verloren. Erst später konnten wir durch Baulandverkäufe unseren Besitz ausbauen, Flächen hinzukaufen und die Bewirtschaftung optimieren. Die Ertragslage ist gerade in der Landwirtschaft gestiegen, dafür kommen aber neue Auflagen von der Politik, die immer umfassender werden.


THE PROPERTY Wie beurteilen Sie die Politik in Sachen Eigentumsschutz?

GRAF V. DER SCHULENBURG Das Problem ist, dass die Politik sich immer an Mehrheiten ausrichtet. Und es gibt eben mehr Mieter und Menschen ohne Besitz, sodass SPD, Linke und Grüne aktiv für Umverteilung sind, weil es Wählerstimmen bringt. Uns bereitet dies Sorgen, da Ideologie und Umverteilung historisch nie gut waren und sich nicht auszahlten. Das erleben wir leider ja auch aktuell in der gesellschaftspolitischen Diskussion.


THE PROPERTY Spielen Sie hier auf den Berliner Mietendeckel an?

GRAF V. DER SCHULENBURG Ja, absolut. Das Berliner Modell hat dafür gesorgt, dass der Neubau zum Erliegen kam, keiner mehr investieren wollte und niemand mehr Wohnraum normal anbietet, alle sprangen auf das Thema möblierte Apartments. Und nach der Niederlage der Regierung sagt diese nicht sorry, sondern das Gegenteil: Lasst es uns auf Bundesebene durchsetzen. Solche Entwicklungen sind gefährlich, rein populistisch und eigentumsfeindlich.


THE PROPERTY Angst oder Freude – wie sehen Sie eine grüne Bundesregierung?

GRAF V. DER SCHULENBURG Ich bin da mit gemischten Gefühlen unterwegs. Grundsätzlich gab es hier interessante Überlegungen, aber wenn man sich das Parteiprogramm jetzt durchliest, geht es viel um Enteignung, Begrenzung, Sperren, Verhindern und Umverteilung. Es gibt kein Land auf dieser Erde, das bisher mit solchen Inhalten erfolgreich war, trotzdem erliegen Politiker immer wieder der Versuchung, hier zu punkten.


THE PROPERTY Wie sehen Sie dies langfristig?

GRAF V. DER SCHULENBURG Na ja, Regierungen kommen und gehen. Jede Zeit hat ihre Herausforderungen und extreme Schwankungen normalisieren sich wieder. Wir kamen aus den 90ern mit einer hohen Deregulierung mit viel Privatisierung. Nun versucht man wieder das Gegenteil. Für die Assetklassen hat dies direkte Auswirkungen: Warum soll ich ein Haus kaufen, wenn ich weiß, dass ich es wegen einer neuen Regierung nicht mehr verkaufen darf, weil ein CO2-Wert nicht passt? Investitionssicherheit ist essenziell. Denn egal ob Agrar, Haus oder Forst: Man ist gebunden und kann nicht einfach sein Depot mal in ein anderes Land wechseln.


THE PROPERTY Sollte man auch in anderen Ländern investieren?

GRAF V. DER SCHULENBURG Das macht natürlich Sinn. Ich mag Österreich – dort ist die Steuersituation positiv und man kann interessante Immobilien in den größeren Städten kaufen. Aber als Familie investieren wir nur dort, wo wir uns gut auskennen – und das ist hier vor Ort und in der Region.


THE PROPERTY Beurteilen Sie Investments nur nach KPI und Rendite?

GRAF V. DER SCHULENBURG Nein, wir schauen uns hier viele Kriterien an. Eine Anlage über Jahrzehnte muss Rendite bringen, aber ich muss sie auch mögen. Was bringt mir eine Beteiligung mit hoher Rendite, wenn ich jede Woche Ärger damit habe. Und wenn ich zum Beispiel einen Forst kaufe, ist für mich die Kenngröße der Erträge wichtiger als die Aussicht auf ein gutes Jagdrevier. Im eigenen Hotel möchte ich mich so wohlfühlen, dass ich auch selbst dort Gast sein würde. Im Agrarbereich kaufe ich nur Flächen, die unsere Anbaustrategie und unseren Standort abrunden.


THE PROPERTY Wo liegen Ihre Einkaufspreise bei Agrar und Forst aktuell?

GRAF V. DER SCHULENBURG In der Landwirtschaft in den östlichen Bundesländern zwischen 20.000 und 40.000 pro Hektar. In Bayern oder Nordrhein-Westfalen oder im westlichen Niedersachsen auch 80.000 bis 100.000 pro Hektar, dort, wo auch Viehhaltung eine Rolle spielt.


THE PROPERTY In der Landwirtschaft ist die Rendite meist unter 2 %, bei Häusern höher – was ist das bessere Investment?

GRAF V. DER SCHULENBURG Bei Häusern haben wir alle 25 bis 30 Jahre eine Totalsanierung, das muss man berücksichtigen. Dann kann der Acker schnell genauso rentabel werden wie ein Haus, die Preise und Pachten sind seit 2004 stark gestiegen. Und auch PV-Anlagen (Photovoltaik-Anlagen) sind durchaus spannend als Ergänzung zu Gebäuden und auch auf der Fläche, bringen eine gute Rendite über 20 Jahre, und besonders auch im Wald forcieren wir Windkraftprojekte auf unseren Flächen.


THE PROPERTY Wie würden Sie eine Kunstsammlung aufbauen?

GRAF V. DER SCHULENBURG Viele Familien in Deutschland investieren über Jahrzehnte in Kunst, bauen sehr dezidiert Sammlungen mit einem Schwerpunkt auf. Ich habe mich immer für die Zeitgenossen ab 1965, meinem Geburtsjahr, bis etwa Anfang der 2000er-Jahre besonders interessiert, deutsche Malerei und abstrakte Kunst sind mein Fokus. Kunst sehe ich aber immer als Passion an, eher weniger als Anlage. Denn Künstler-Hypes kommen und gehen – Wertentwicklung ist hier schwer kalkulierbar.

THE PROPERTY Sie haben zwei Kinder, eine Tochter und einen Sohn, die beide noch in der Schule sind. Wie werden diese in 20 Jahre Ihre Investments beurteilen?

GRAF V. DER SCHULENBURG Das müssen Sie die beiden in 20 Jahren fragen. Ich gehe fest davon aus, dass mein Sohn nach seinem Abitur und dem Studium den Betrieb in die nächste Generation führen wird, und sein Urteil ist mir daher jetzt bereits wichtig. Aber Generationen und deren Sichtweisen ändern sich natürlich. Vielleicht wird mein Sohn mal fragen, warum ich nie Ökolandwirt wurde oder warum wir Häuser aus Zement bauten. Warten wir’s ab. Meine Tochter ist da freier in ihren zukünftigen Möglichkeiten. Dafür wird Sie mit einem Immobilienportfolio ausgestattet. Grundsätzlich ist mein Leitsatz von jeher ein Zitat des italienischen Fürsten Lampedusa: »Alles muss sich ändern, damit alles so bleibt, wie es ist.«


THE PROPERTY Vielen Dank für das Gespräch!