Wie kann
man Steuern
und Gebühren
sparen?

Dr. Holger Poth ist ›der‹ Notar in Wiesbaden, wenn
es um Immobilienrecht geht. THE PROPERTY hat mit ihm
über Recht, Grunderwerbssteuer und die Aufgaben eines
Notars gesprochen.

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FOTO: Privat

THE PROPERTY Dr. Poth, was war Ihre ungewöhnlichste Beur-kundung im letzten Jahr?
DR. HOLGER POTH Die Beurkundung einer Erbauseinander-setzung mit arg zerstrittenen Miterben war eine echte Heraus-forderung, aber letztlich doch erfolgreich.

THE PROPERTY Der Immobilienmarkt läuft heiß – es kommt oft auf Schnelligkeit an. Wie gehen Sie damit um?
DR. HOLGER POTH In unserer Kanzlei arbeiten zurzeit 5 Notarinnen und Notare, die sich auch gegenseitig unterstützen, und zwar sowohl fachlich als auch zeitlich. Durch die Größe unseres Notariats können wir trotz erheblichen Arbeitsdrucks in der Regel die zeitlichen Vorgaben unserer Mandanten gut umsetzen. Im Übrigen bemühen wir uns ständig um die zuneh-mende Digitalisierung unserer Arbeitsabläufe, um die Effizienz und Schnelligkeit unseres Notariats zu steigern. Hier sind uns allerdings in der praktischen Umsetzung noch Grenzen gesetzt, vor allem im Umgang mit Gerichten und Grundbuchämtern, wo die Digitalisierung leider noch nicht vergleichbar vorange-schritten ist.

THE PROPERTY Wie kann man als Käufer Geld sparen bei Kauf- und Grundschuldvorgängen?
DR. HOLGER POTH Der Notar soll eigentlich immer die kos-tengünstigste Lösung für den Mandanten wählen – natürlich mit Blick auf die rechtlich sichere Abwicklung des Vorgangs. In Bezug auf die Kosten bei Notar und Grundbuchamt gibt das Gesetz verbindliche Vorgaben, die nicht umgangen werden dür-fen. In diesem Zusammenhang spielt eine Rolle, dass der Notar über die durch seine Tätigkeit entstehenden Kosten nicht verhan-deln darf. Wenn man sich mit der Bank darauf verständigt, dass nur ein Teil der einzutragenden Grundschuld als vollstreckbar erklärt wird, sind die Beurkundungskosten beim Notar entspre-chend niedriger.

THE PROPERTY Was sind krasse Fehler, die Käufern im Ver-trag immer wieder unterlaufen?
DR. HOLGER POTH Es ist ja die zentrale Aufgabe des Notars, darauf hinzuwirken, dass keine krassen Fehler beim Abschluss eines notariellen Kaufvertrags entstehen. Der Notar hat den Sachverhalt, also die Hintergründe des beabsichtigten Geschäfts, aufzuklären und wenn man diese Amtspflicht ernst nimmt, kann man im Vorhinein viele Probleme entdecken und im Interesse der Parteien einer richtigen Lösung zuführen. Generell sollte der Käufer einer Immobilie die Baugenehmigung vor Beurkundung einsehen und sich vom Verkäufer garantieren lassen, dass deren Nutzung öffentlich-rechtlich genehmigt ist. Wenn der Verkäufer das nicht möchte, sollte man als Käufer genauer hinschauen, um keine Überraschungen zu erleben.

THE PROPERTY Wann kann man einen Kaufvertrag rückabwickeln?
DR. HOLGER POTH Die Rückabwicklung eines Kaufvertrags ist in der Praxis die Ausnahme, kommt aber beispielsweise in Betracht, wenn der Verkäufer über versteckte Mängel wie etwa Feuchtigkeit im Keller oder Schädlinge keine oder falsche Anga-ben gemacht hat. Der Käufer kann in diesem Fall den Vertrag möglicherweise wegen arglistiger Täuschung anfechten. Nicht selten wird im Kaufvertrag ein Rücktrittsrecht für eine der Par-teien oder beide Parteien vereinbart, wenn wichtige Aspekte des Kaufs bis zur Beurkundung noch nicht endgültig geklärt wer-den konnten. Das könnte beispielsweise die Zustimmung eines Nachbarn zu einer Grenzbebauung oder die (nachträgliche) Erteilung einer noch fehlenden Baugenehmigung sein.

THE PROPERTY Viele Käufer nutzen bewegliche Gegenstände, um so mehr Abschreibung zu erhalten bzw. Steuern zu sparen. Was ist hier erlaubt und in welchem Umfang?
DR. HOLGER POTH Das lässt sich nicht generell sagen. Richtig ist, dass sich die Grunderwerbssteuer an dem Wert bzw. dem Kaufpreis der Immobilie ausrichtet und anlässlich des notariel-len Kaufvertrags mitverkaufte bewegliche Gegenstände nicht der Grunderwerbssteuer unterliegen. Der Kaufpreis für die mit-verkauften beweglichen Gegenstände darf nicht unverhältnis-mäßig hoch sein, was beispielsweise der Fall wäre, wenn statt des Zeitwerts der Neupreis der beweglichen Sachen angesetzt würde. Aber auch hier steht den Parteien ein gewisser Beurtei-lungsspielraum zu. Nach meiner Erfahrung beanstandet das Finanzamt die Vereinbarungen der Parteien nur ausnahmsweise, wenn der vereinbarte Wert der beweglichen Gegenstände wie beispielsweise einer Einbauküche oder Markise unangemessen hoch im Verhältnis zum Preis für die Immobilie ist. Auch hier gibt es keine exakte prozentuale Grenze, wie etwa 5 % des Gesamtkaufpreises, aber meistens wird ein solcher Prozentsatz akzeptiert. In der Praxis achte ich darauf, dass die Angaben zu den beweglichen Gegenständen in der Urkunde plausibel sind.

THE PROPERTY Was halten Sie von der neuen Share-Deal-Reform?
DR. HOLGER POTH Diese Reform war schon lange im Gespräch, mit zum Teil viel schärferen Bestimmungen als jetzt beschlossen. Die Initiatoren dieser Reform wollen damit ein sogenanntes Steuerschlupfloch schließen oder vielleicht auch nur dafür sorgen, dass der Staat höhere Einnahmen hat. Die Höhe der Beteiligungsgrenze, ab der Grunderwerbssteuer beim Erwerb von Gesellschaftsanteilen fällig wird, fällt nun von 95 % auf 90 %. Der Minderheitsgesellschafter soll seinen Anteil künftig auch nicht nur 5, sondern 10 Jahre halten müssen. Das wird die Attraktivität der sogenannten Share Deals nach Meinung von Fachleuten und der Immobilienwirtschaft erheblich herabsetzen.

THE PROPERTY In Deutschland gelten hohe Standards in Sachen Eigentümerschutz. Erleben Sie es häufig, dass Kunden hier Daten einholen wollen, um Häuser zu kaufen?
DR. HOLGER POTH Solche Wünsche werden nicht gerade sel-ten an uns herangetragen. Dabei sind wir als Notare allerdings in einem engen rechtlichen Korsett tätig. Uns ist es verboten, auf Wunsch von Kaufinteressenten Grundbuchauszüge ohne Zustimmung des Eigentümers einzuholen. Um den Kontakt zum Eigentümer eines Grundstücks zu bekommen, ist der Grund-buchauszug ohnehin kein geeignetes Mittel.

THE PROPERTY Der Notarberuf ist extrem geschützt – zu Recht. Was glauben Sie, wie dies in Zukunft aussieht?
DR. HOLGER POTH Der Beruf des Notars ist wie alle Berufe einem ständigen Wandel ausgesetzt – insbesondere mit Blick auf die Erfordernisse der Digitalisierung. Nach meiner Einschät-zung sind die meisten Notare auch schon Vorreiter auf diesem Gebiet. Der Notar übt nicht nur einen Beruf, sondern ein öffent-liches Amt aus und ist neutral und unabhängig. Notare haben mehr und mehr die gesetzliche Verpflichtung, auch verbraucher-schützende Bestimmungen zu beachten und unerfahrene Betei-ligte zu schützen. Hier geht es um hoheitliche Tätigkeiten, die aus gutem Grund nicht von privatwirtschaftlich tätigen Insti-tutionen ausgeübt werden sollten. Gerade bei der Abwicklung von Grundstückskaufverträgen hat sich das deutsche Notariat über Jahrzehnte mehr als bewährt. Der Notar übernimmt nicht nur die Beurkundung des Vertrags, sondern wickelt diesen auch ab und steht für die erfolgreiche Umsetzung auch persönlich in vollem Umfang ein.

THE PROPERTY Neuer Trend sind Token-Investments. In Deutschland herrscht hier noch Unsicherheit – braucht man Notare, wenn Leute einen Wohnungsteil mittels Token kaufen?
DR. HOLGER POTH Zunächst klingt es verlockend, wenn man Immobilien günstiger als bisher erwerben kann, weil man sich beispielsweise die Kosten bei Notar und Grundbuchamt sparen könnte. Die zunehmende Akzeptanz der Blockchain-Technologie könnte auch Immobilien-Token zugutekommen. Ob solche Investments anstelle des Kaufs der eigenen Wohnung in der bisher bekannten Form mit notariellem Kaufvertrag und Grundbucheintrag kommen werden? Ich bin da eher skeptisch. Aber auch bei diesen neuartigen Investments wird die zentrale Aufgabe des Notars als neutraler Mittler und unabhängiger Ansprechpartner auch für schwächere Marktteilnehmer nicht wegfallen, sondern vielleicht sogar zunehmen.

THE PROPERTY Vielen Dank für das Gespräch!